Begegnungen von Gegenwartskunst und christlicher Gemeinde
Im Jahr 2011 starteten die Kunstsammlungen zusammen mit dem Künstlerseelsorger des Bistums Regensburg das sehr erfolgreiche liturgische Kunstprojekt „Da-Sein“.
Künstler stellen Werke zur Verfügung, die existenzielle Themen des Daseins betreffen: Pfarreien treten mit uns in Kontakt und wählen Kunstwerke aus, die dann beim Gottesdienst oder in anderen Formen der Gemeindearbeit für Erwachsene, Jugendliche oder Kinder für eine gewisse Zeit in den Blick genommen werden. Auf diese Weise können Diskussionen über Kunst, über das Leben und über den Glauben und vor allem auch darüber, was diese drei verbindet, angeregt und gefördert werden.
Einige Kernthemen des Daseins – Beziehungen, Schmerz, Angst, Freiheit, Liebe oder Vergeblichkeit und Tod beschäftigen seit jeher Künstler ebenso wie jeden nachdenkenden Gläubigen. Das Projekt „Da-Sein in Kunst und Kirche“ soll ein Versuch sein, an diese verbindende Tradition anzuknüpfen, mit welcher sich Kunst und Glaube durch die Jahrhunderte gegenseitig inspiriert und großartige Werke hervorgebracht haben.
In diesem Jahr haben wir Künstler eingeladen, sich mit dem Thema „IM WANDEL“ auseinanderzusetzen, zu einem Zeitpunkt, zu dem wir nicht ahnten, welche Aktualität das Thema bekommen sollte. Es bietet nun umso mehr die Chance, sich über die in den Kirchenräumen ausgestellten Kunstwerke mit vielen Gedanken, Hoffnungen und Ängsten auseinandersetzen, die uns in diesem Jahr wohl mehr als zuvor bewegen.
Es ist zum Stereotyp unserer Tage geworden: Alles ist im Wandel begriffen! Ob wir wollen oder nicht: eine große Herausforderung, für alle, die sich bewusst „Gott und der Welt“ stellen und für sämtliche Bereiche im gesellschaftlichen Diskurs.
Auch für Religion und Glaube steht das an, obwohl ja in diesen Bereichen gerade das im Wandel Stehende auf Überzeugungen trifft wie die des hl. Paulus „… für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe …“ (1 Kor 13), wobei „für jetzt“ natürlich meint: „für immer“.
Und „im Wandel zu sein“ bewegt auch das Wirken vieler Künstler: Wie gehe ich mit Veränderungen um? Wie ist Wandel zu interpretieren? Kann überhaupt noch Bleibendes geschaffen werden?
An verschiedenen Orten im Bistum sind diese Kunstwerke zum Thema "Im Wandel" zu sehen:
Dominik Schleicher

Unsere Welt verändert sich, gestern und heute – und sie wird sich noch weiter verändern.
Das zeigt uns die momentane Situation mit der Coronapandemie.
Sie lässt uns spüren, wie zerbrechlich und empfindlich unser gesellschaftliches Leben im öffentlichen sowie kirchlichen Bereich sein kann.
Besonders in so einer Krise, aber auch davor,
stellen sich viele Menschen in unserer sich schnell wandelnden Welt oft die Fragen:
„Wer bin ich?“ oder „Was mache ich hier?“
„Wo ist mein Platz in diesem Ganzen?“
„Was ist meine Aufgabe und kann ich den Anforderungen überhaupt gerecht werden?“
„Kann ich Bleibendes schaffen?“
„Was ist schon bleibend?“
Jörg Länger
Die Passion Jesu Christi ist ein großer Wandelungsprozess, vielleicht neben dem Sündenfall der größte Wandelungsprozess überhaupt. Schmerz und Leid wird verwandelt in Erlösung, der Tod in ewiges Leben.
Die Bilder selbst wandeln sich im Lichte. Das heißt, sie sind auf Goldgrund gearbeitet und wandeln sich, sobald das Licht in einemunterschiedlichen Einfallswinkel auf das Bild fällt. (Jörg Länger)
Der Künstler Jörg Länger aus Rohrdorf im Chiemgau reiht die siebenteilige Arbeit „Vera Icon“ in seiner Werkgruppe “Smoothiekonen” zu:
Ursula Merker

Ursula Merkers Stuhl aus Drahtgeflecht ist zu beiden Seiten mit runden Glasscheiben versehen und wird so zum freistehenden Rollstuhl, der wegen der Härte der beiden Materialien Glas und Eisen keineswegs zum Ruhen einlädt. Die Sitzfläche verwehrt jegliche Bequemlichkeit, ist sie doch mit spitzen blauen Glasstücken bestückt.
Die großen Räder aus graviertem Glas zeigen Menschen in Bewegung. Tanzende Paare stehen sinnbildlich für Vergangenes oder eine hoffende Zukunft.
Ursula Bolck-Jopp

Es gibt wenige Dinge, die wir so eindeutig mit Kindheit in Verbindung bringen,
wie das Schaukeln. Kein Spielplatz ohne Schaukel, in keiner Kindheitserinnerung fehlt sie.
Viele erinnern sich vielleicht sogar noch an dieses wilde Gefühl, wenn man der Schaukel weiteren Schwung verliehen hat, wenn sie eine Höhe erreicht hat, die schon in der Magengrube kitzelt, wenn man in Gefahr war, die Kontrolle zu verlieren. Schaukeln, das ist Energie in Bewegung, das ist kontrolliertes Risiko (meist) und stetige Veränderung. Schaukeln ist Unbekümmertheit, Luftherrschaft und paradiesische Freiheit.
Nikodemus Löffl

Die "Spindel" nennt sich diese Holzskulptur von Nikodemus Löffl. Ein Eichenstamm, mit Hilfe von Keilen dem Faserverlauf nach gespalten in zehn Teile. Die Einzelteile mit der Kettensäge bearbeitet, werden anschließend wieder in in ihre ursprüngliche Position gebracht und miteinander verbunden. Die äußere Gestalt des Eichenstamms ist markanter geworden, im Inneren ist eine Höhlung entstanden, ein Behältnis, eine bergende Form. Leer.
Hans Thomann

Bei der Skulptur "Wandel" erblickt der Betrachter oder die Betrachterin eine Jesusfigur je nach Standpunkt stehend oder auf dem Kopf gestellt. Nicht nur das Jesusbild ist dadurch im Wandel, auch der Betrachter, die Betrachterin, wandelt sich beim Betrachten.
Es liegt an uns und unserer Wandlungsfähigkeit wie Jesus wahrgenommen wird. Das einzige was sich nicht wandelt - ist die Geschichte Jesu!