Ausstellung vom 24. Oktober bis 12. Dezember 2008 Museum Obermünster, Emmeramsplatz 1
Die unvermeidliche Endlichkeit des menschlichen Daseins und die Sehnsucht nach dem Paradies: Die Ausstellung zeigte Bilder, die sich Menschen von
Sterben, Tod und Jenseits machen. Dabei spannte sich der Bogen von Sterbebildchen und volkskundlichen Stücken wie barocken Tödlein über religiöse Graphiken und historische Totentänze bis zu Gemälden, Skulpturen und Installationen 14 zeitgenössischer Künstler.
Eine Auswahl der gezeigten Exponate:
Vom Totenzettel zum Sterbebildchen. Andenken im Gebete
Sich des Toten zu erinnern steht nicht für sich allein. Das Sterbebildchen soll in erster Linie das Andenken im Gebet sein, um das Seelenheil des Verstorbenen zu sichern. Es wurde und wird in das Gebetbuch eingelegt, um sich beim Blättern immer wieder mit dem Verstorbenen zu verbinden und bei Gott für ihn zu bitten. Der Katechismus der Katholischen Kirche empfiehlt die Seelen im Fegefeuer den Fürbitten der Gläubigen, die noch auf Erden pilgern. Das Sterbebildchen erzählt von den Menschen, ihrem Glauben und ihren Jenseitsvorstellungen – und damit im Vergleich der Generationen auch vom Wandel im Umgang mit Tod und Auferstehungshoffnung. Es wird vor allem seit den 1970er Jahren anonymer, auch wenn die Fotos individueller werden. Über den Tod im Bilde – die Auseinandersetzung mit Trauer und Hoffnung rückt im Sterbebildchen besonders nahe, weil es zur Begegnung mit dem Verstorbenen wird.
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Haarbild. Erinnerung an geliebte Verstorbene
In der Zeit des Biedermeiers entstand eine besondere Form der Sepulkralkultur. Das Haarbild wurde zu einem beliebten Erinnerungsstück an geliebte Verstorbene. Hierzu wurde dem oder der Verstorbenen eine Strähne ihres Haares abgeschnitten und kunstvoll zu Ornamenten und Landschaftsbildern gelegt, geflochten, geklöppelt oder gewoben. Das Haarbild stellte für die Hinterbliebenen eine Art von "Zimmerdenkmal" dar und wurde in hohen Ehren gehalten.
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Tödlein. Memento mori
Memento mori, „denke daran, dass du sterblich bist“: Diese Motive der bildlichen Kunst erinnern an die Vergänglichkeit des Menschen und ähnlich den Vanitas-Gemälden an den leeren Schein alles Irdischen. Ein beliebtes Memento-mori-Symbol des Spätmittelalters und der Renaissance war das Tödlein (Tödtlein). Die kleine Personifikation des Todes wird dargestellt als Miniatur-Skelett, meist im Sarg liegend. Die Bezeichnung als Tödlein verniedlicht den Tod und gibt ihm seinen Platz im menschlichen Leben. Der Tod gehört zum Leben, ein Leben ohne Tod ist undenkbar.
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Vanitas-Stillleben
Das Stillleben – im Französischen nature morte, im Italienischen natura morta – eignet sich wohl wie kaum eine andere Gattung für die Darstellung des Todes. Leblose Gegenstände vermitteln eine symbolisch verschlüsselte Botschaft. Im Barock fanden immer mehr Motive Eingang, die die Vergänglichkeit (lat. vanitas) alles irdischen Seins zum Ausdruck bringen – das Vanitas-Stillleben entwickelte sich zu einer eigenen Stilform.
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Totentanz
Die Botschaft im Mittelalter hieß: jedermann, immer, überall. Das Schicksal, sterben zu müssen, trifft alle Menschen; Zeitpunkt und Ort sind nicht vorhersehbar. In spätmittelalterlichen Gemäldezyklen oder frühneuzeitlichen Drucken führen lebhafte Gerippe ihre steif widerstrebenden Opfer – hierarchisch angeordnet vom Papst und dem Kaiser bis hin zum Bettler oder dem Wiegenkind – in einem irrealen Reigen ins Jenseits davon. Die Vieldeutigkeit der Bilder, die einerseits die christliche Ständelehre und anderseits ihre Aufhebung im Jenseits propagieren, macht bis heute die Faszination todesdüsterer Kunstwerke aus.
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Klaus Hack (*1966). Der Todt und das Maedchen
In der Abgeschiedenheit des Ateliers in Seefeld (Brandenburg) entstand von 1999 bis 2001 ein Totentanz, der sich aus 24 Stämmen und 48 Holzdrucken zusammensetzt. Das Motiv „Der Todt und das Mädchen“ hat sich schon früh als Einzelthema aus dem mittelalterlichen Totentanz herausgelöst. Das Sujet wurde in Musik, Literatur und bildender Kunst zum Inbegriff des Gegensatzes von Leben und Tod in Gestalt des reizvollen Mädchenkörpers und des abstoßenden Gerippes, als Tanzpaar Eros und Thanatos, Sexualität und Tod versinnbildlichend. In Klaus Hacks Totentanz-Reihe erscheint die Figur des Mädchens wiederholt auf dem mittleren schwarzen Band, klein gegen die übermächtige Architektur, raumlos schwebend und bedroht von dem unterhalb liegenden schwarzen Band.
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Sybille Loew (*1960). Stiller Abtrag
Die Installation der Münchner Künstlerin setzt Verstorbenen, die in einem anonymen Urnenbegräbnis beigesetzt werden, ein Denkmal. Im Zeitraum von eineinhalb Jahren nähte und bestickte sie 289 Stoffschilder mit dem Namen, dem Todesdatum und dem Alter der Menschen, die im Laufe des Jahres 2005 in München auf diese Weise gestorben waren. Die gestickte Fadenspur würdigt für einen flüchtigen Moment das einsame Sterben dieser Menschen. Sie lädt ein zum stillen Gedenken.
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siehe auch Kunstwerk des Monats Dezember 2008
Josef Holzer (*1953). Vanitas
Vanitas (lat. leerer Schein) beschreibt die Vergänglichkeit alles Irdischen. Josef Holzer macht diesen Gedanken zu einem aktuellen Bild des 21. Jahrhunderts. Er arrangiert seine Installation mit Totenkopf auf Erde und fügt ihm Attribute aus dem verlorenen Kampf gegen die fliehende Zeit bei: Die Fernbedienung, der profane Rosenkranz, wird ebenso wie Fieberthermometer und Spritze mit einem Goldüberzug überhöht.
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Bernd M. Nestler (*1960). Ihr Bild vom Bild im Kopf
Auf der Glasstele die Rückansicht einen Skeletts, von den Oberschenkelknochen aufwärts, der Schädel wendet sich zurück. Es ist, an die Darstellung eines Totentanzes erinnernd, der personifizierte Tod – das Bild, das Memento Mori, das wir als bewusstseinsfähige Menschen stets vor unserem inneren Auge haben, jedoch meisterhaft zu verdrängen wissen. Der Tod geht uns voran, wohl wissend, dass wir ihm folgen müssen. Irgendwann wird er sich umdrehen und frontal vor uns stehen, uns mit dem eigenen Tod konfrontieren. Für die Vorderseite der Glasstele hat der Künstler das lockende Orange gewählt.
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Simone Rethel-Heesters (*1949). Triptychon 11. Sept 9 Uhr 26
Angst, Todesangst – sie ist das Thema des Triptychons. „Angst – wo ist er?“ betitelte die Künstlerin die Mitteltafel, die Flügel setzen mit großer Ausdruckskraft ganz konkret die dramatischen Ereignisse am World Trade Center ins Bild. Die Werke von Simone Rethel-Heesters zum 11. September entziehen sich dem Klischee, obwohl sie Versatzstücke der medialen Bilderflut der Anschläge einsetzt, die heute zu unserem Bild von der Welt gehören. Sie malt weder Tote noch die Furcht vor dem Tod. Sie sind eindrücklicher, weil sie beunruhigen – mit der Ahnung des unausweichlich nahenden Todes.
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Außerdem zu sehen waren Werke von Hans-Jürgen Bröckl (Flossenbürg), Gerhard Fauser (Augsburg), Ursula Flachsmann (Zürich), Franz Bodo Gerono (Reichshof-Hespert), Josef Oberberger (München), Johannes R. Potzler (München) und Photographien von Stefan Winkelhöfer (Regensburg).
Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen (ISBN 978-3-9812588-0-6)