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Ausstellung vom 12. August bis 01. November 2005
im Museum St. Ulrich

Steingewordener Glaube Temeswar


Moderne Architekturfotos, historische Aufnahmen und erläuternde Karten: Die Ausstellung „Steingewordener Glaube“ zeigte vom 12. August bis 1. November im Museum St. Ulrich sowohl die Entstehungsgeschichte der sakralen Architektur des Banats als auch die gegenwärtige Situation der Baudenkmäler. Zum ersten Mal wurde damit eine Gesamtschau des Themas präsentiert, dass zu den wichtigsten Kennzeichen der Banater Kulturlandschaft gehört.

Die Ausstellung ist eine Produktion des Donauschwäbischen Zentralmuseums in Ulm und der Kulturreferentin für Südosteuropa. Sie präsentiert zum ersten Mal eine Gesamtschau des Themas, das zu den wichtigsten Kennzeichen der Banater Kulturlandschaft gehört.

„Nicht die kunstgeschichtliche Zensur, sondern die Fülle von Erinnerungen vielfältigster Art, deren Träger ein Bauwerk in diesem Sinne ist, ist bestimmend für seine Bedeutung in der Welt des Denkmalschutzes, und der historische wie künstlerische Maßstab muss sich fortwährend ergänzen“. (Paul Clemen)

Die enge Verbindung zur europäischen Architektur des 18. Jahrhunderts definierte den Raum Banat als südöstliche Ausdehnungsgrenze der siedlungshistorischen und architektonischen Entwicklungen dieses Zeitraumes. Von Bedeutung ist dabei sowohl die besondere Entstehungsgeschichte, bei der nichts dem Zufall überlassen, sondern alles bis ins Detail geplant wurde, als auch die Tatsache, dass der Raum bis zum II. Weltkrieg seine homogene Struktur im wesentlichen bewahrte. Die Nutzung und Instandhaltung der vorhandenen Bausubstanzen übersteigen die Möglichkeiten der Bevölkerung seit langem. Hinzu kommt, dass anders als in Siebenbürgen, wo eine Fülle von qualitätsvollen Beispielen kunsthistorischer Relevanz vorhanden ist, die Bedeutung der Banater Architektur nicht vorrangig in den Einzelbeispielen zu suchen ist, sondern in ihrer Einheitlichkeit. Die serielle Bauweise und die Entstehung und Verwendung von Typisierungsmodellen führte zu einem einzigartigen Siedlungsbild, das wegen seiner geradezu industriellen Produktion bewahrungswürdig ist. Die topographische Erschließung des immobilen Kulturerbes des Banats ist daher von besonderer Bedeutung. Allerdings wird die Arbeit an der Erfassung der Denkmale durch den mehrfach erfolgten Traditionsbruch erschwert, andererseits drohen noch immer endgültige Verluste. Unter diesen Umständen erscheint ein hoher Grad von Verantwortungsbewusstsein erforderlich. In der Ausstellung soll die Situation der Architektur im Zusammenhang mit dem planmäßigen Aufbau einer Kulturlandschaft am Beispiel des Temescher Banats im 18. Jahrhundert untersucht und dargestellt werden.

Die Banater Kulturlandschaft im 18. Jahrhundert
„Ehemal waren die Lutheraner und Reformierten im Reiche die stärcksten, nachdem es aber denen Türcken entrissen wurden, führete man daselbst überall die Römisch=Catholische Religion ein." Nach der Eroberung umfangreicher Gebiete in Südosteuropa ging das Banat 1718 vom Osmanischen Reich in den Besitz der Habsburger über. Die Region war in einem so hohen Maß entvölkert, dass erst die Neubesiedlung den wirtschaftlichen Aufbau und die Einrichtung einer neuzeitlichen Kulturlandschaft ermöglichte. Parallel zur Kolonisation des Landes erfolgte die kirchliche Reorganisation. Zunächst war nur katholischen Siedlern die Einwanderung gestattet. Nach der Auffassung der Monarchie gewährleisteten diese allein, das Land zu einer Vormauer des christlichen Abendlandes auszubauen. Die hohe Zahl der Einwanderer und die daraufhin erfolgten Neugründungen bzw. der Wiederaufbau von Städten und Dörfern führten zu einer außergewöhnlich umfangreichen Bauproduktion.

Die Pläne
Alle Kirchenbaupläne mussten vom Wiener Hofbauamt genehmigt werden. Individuelle Lösungen waren weder möglich noch erwünscht. Spätestens ab dem Zeitpunkt, als auch die Kosten für den Hausbau der Kolonisten durch die öffentliche Hand übernommen wurden, begann der serielle Kirchenbau mit Hilfe von Typisierungsmodellen. Der Banater Typus fand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch in anderen Regionen des Habsburgerreiches Verwendung. Der Kirchenbau erfolgte im Zeichen der Aufklärung, wobei auf eine aufwendige und prunkvolle Gestaltung verzichtet wurde, weil diese „die Stille der Seele stöhren, die Gedanken zerstreuen und die hochachtungsvolle Aufmerksamkeit auf göttliche Wahrheiten schwächen kann."

Die Dorfkirche

„Solche müssen zwar solide, aber nicht zu prächtig, und mit unnützen Zierath überhäufet werden". Die Dorfkirche ist ein Phänomen innerhalb der Architektur dieser Region. Sie besticht weder durch besondere Schönheit noch durch innovative Lösungen als Zeichen einer Stilepoche. Ihre Bedeutung ergibt sich aus der Baugeschichte, aus ihrer Funktion innerhalb der Kulturlandschaft und ihrer Rolle im Glaubensleben. Dabei wurde nichts dem Zufall überlassen, sondern alles bis ins Detail geplant. Der Landkirchenbau- und dies gilt für alle christlichen Religionen der Region – war wegweisend für die Architekturgeschichte der Monarchie als Bestandteil der Kolonisationsgeschichte, Hier an der Peripherie der Vielvölkermonarchie wurden Lösungen gefunden, die die Neubesiedlung des Landes zu einem gewinnbringenden Ergebnis brachten und die bis heute das Banat prägen. Dabei beschränkt sich diese Prägung nicht nur auf das immobile Kulturerbe sondern betraf gleichzeitig auch die Mentalität der Bewohner.