Ein Kleinod der Oberpfalz: Reliquienkreuz mit Kreuzpartikel, um 1680
Der ovale, gekniffene und abgetreppte Fuß zeigt auf seiner Oberfläche breit geschwungene Voluten, die eine viergliedrige Unterteilung ergeben und gleichzeitig vier Kartuschen eingrenzen. Darin sind die Leidenswerkzeuge Christi abgebildet: Das Schweißtuch der Veronika, die Geißelsäule mit den Marterwerkzeugen und die Dornenkrone mit drei Nägeln. Auf der vierten Kartusche findet sich das fürstliche Wappen der Lobkowitzer, einem böhmischen Adelsgeschlecht, und das Habsburger Wappen mit dem eingravierten Buchstaben A (für Austria).
Über einen mit Blättern und C-Spangen verzierten Schaftring erweitert sich ein Nodus in Balustervasenform, auf dem das Christus- und das Marienmonogramm herausgearbeitet sind. Auf den darüber angebrachten Bandelschwingen knien zwei gegossene geflügelte Engel an der Basis des Bergkristallkreuzes, das am unteren Ansatz von einem in Gold gearbeiteten Tuch bedeckt ist. Das Kristallkreuz ist durch eine Goldfassung eingerahmt, an den drei Balkenenden sitzt jeweils ein geflügelter Engelskopf. Im Schnittpunkt wird die Kapsel in Vierpass-Form als auch das Kreuz selbst von Strahlen hinterfangen. Die Partikel sind nochmals in Kreuzform fixiert. Darunter ist ein Siegel durch das Kristall zu erkennen.
Dieser kleine barocke Kunstschatz der Pfarrei Neustadt an der Waldnaab ist nicht nur ein Ausdruck höfischer Kunstfertigkeit des ausgehenden 17. Jahrhunderts, sondern auch eine historische Quelle für die Stiftstätigkeit des ansässigen Adels. Die hohe Wertschätzung gegenüber den Partikeln des Heiligen Kreuzes wird durch die Auswahl der kostbaren Materialien verdeutlicht. Vergoldetes Silber und insbesondere Bergkristall, welches durch seine Durchsichtigkeit einerseits den Blick auf die Reliquie freigibt, andererseits auf die Reinheit Christi verweist, verbinden sich mit gekonnter Goldschmiedekunst zu einem bemerkenswerten Kleinod der Oberpfalz. (Philipp Meister)
Das Wappen der Lobkowitzer | Das Schweißtuch der Veronika | Reliquienkreuz mit Kreuzpartikel Österreich oder Böhmen (?), um 1680 Silber vergoldet, getrieben und gegossen, ziseliert und punziert, Bergkristallkreuz Höhe 23,3 cm Breite des Fußes 10,8 cm |
Literatur: Achim Hubel, Kostbarkeiten aus kirchlichen Schatzkammern. Goldschmiedekunst im Bistum Regensburg, Ausst.-Kat. Regensburg 1979, S. 55, Nr. 72
Fotos: Dr. Daniel Rimsl