Eduard Winklhofer (*1961)
Ohne Titel
Eduard Winklhofer, geboren in der Steiermark, studierte in Perugia/I an der Accademia di Belle Arti Pietro Vanucci und hatte engen Kontakt zu den Hauptvertretern der Arte povera. Für die Ausstellung „Ich bin da.“ schuf er eine außergewöhnliche Rauminstallation.
Ein Baum als Ganzes mit fast kahlen Ästen und Wurzelwerk befindet sich im Refektorium des ehemaligen Klarissenklosters St. Klara - scheinbar Unmögliches wird möglich. Außen ist Innen. Die eine Hälfte des Baumes schwebt im Raum. Die zweite liegt rechts daneben am Boden. Stacheldraht befestigt Schuhe an der Wurzel, wie auch kaum sichtbar die Äste am Baum. Dem Erschrecken über diese Entwurzelung im Kontext von Flucht, Vertreibung, aber auch der sozialen Entwurzelung in Europa kann man sich nicht entziehen.
Trotzdem bleibt das Staunen. Die Überwindung der Schwerkraft - der poetische Sprung in die Freiheit. Die Gravitation wird überwunden und doch ermöglicht ihre Bindung erst das Schweben. Wie der Mond erst gehalten durch die Schwerkraft, über der Erde schwebt.
Vielleicht bleibt auch ein Staunen über die unsichtbare Hoffnung, die den Menschen antreibt, wie sie in Sophokles Antigone der Chor der thebanischen Alten besingt:
„Ungeheuer ist viel. Doch nichts / Ungeheuerer als der Mensch. / Denn der, über die Nacht / Des Meers, wenn gegen den Winter wehet / Der Südwind, fähret er aus / In geflügelten sausenden Häusern.“
In Eduard Winklhofers Kunst wird die Zerbrechlichkeit des Menschen auf gegenständliche Weise sichtbar, sie bleibt aber dort nicht stehen. Sie schafft auch Raum, Räume für das Staunen, Freiheitsräume der Kunst, die die Abgründe des Menschlichen in ihrer Fülle ausloten.
Susanne Biber
Ohne Titel
2015
Baum (Weide), 6 Schuhe, Stacheldraht, Stahlseil, tragende Holzkonstruktion
Maße Refektorium: 1570 x 730 x 545 cm
zu sehen in der Ausstellung "Ich bin da. Künstlerische Perspektiven zum Thema Flucht" ab 12. Juni